Kommt Deutschfreiburg bei der Strassenplanung zu kurz? Kantonsingenieur André Magnin zeigte am Mittwoch an einer Podiumsdiskussion auf, weshalb der Kanton dies verneint. Und er rief dazu auf, deutschsprachige Bauingenieure zu suchen.
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Der kantonale Mobilitäts-Dienstchef Grégoire Cantin drückte es ganz vorsichtig aus: «Die Mobilität ist ein sensibles Thema, weil sie fast alle betrifft.» Auch zu den Umfahrungsstrassen äusserte er sich diplomatisch: «Jedes Projekt hat seine Eigenheiten, ein Vergleich ist schwierig.» Dennoch wollte die SRG Freiburg am Mittwochabend an einer Podiumsdiskussion in Düdingen von Deutschfreiburger Grossrätinnen und Grossräten sowie von den Kantonsvertretern wissen, ob Deutschfreiburg bei der kantonalen Strassenplanung zu kurz komme. «Ist Deutschfreiburg ein Stiefkind des Kantons?», fragte Moderator und SRG-Präsident Beat Hayoz in die Runde.
«Wir haben schon ab und zu Mühe, nachzuvollziehen, weshalb es nicht schneller vorwärtsgeht», sagte der Plaffeier Gross- und Gemeinderat Daniel Bürdel (CVP) und nannte als Beispiel den schlechten Strassenzustand auf der Strecke Alterswil–Tafers oder zwischen Plaffeien und Zollhaus. Es seien die langen Prozesse der Strassenprojekte, die wohl dafür verantwortlich seien, dass im Sensebezirk ein gewisser Frust vorhanden sei, sagte Bürdel. «Wir müssen versuchten, die Studien schnell und einfacher abzuwickeln.»
Das Astra braucht länger
Der Staatsrat plant sieben neue Projektstudien für Umfahrungsstrassen im Kanton Freiburg (FN vom 9. September). «Gleich sieben neue Studien – damit will man nur die Bürger beruhigen», sagte der Düdinger Grossrat André Schneuwly (Freie Wähler). Er sei nicht gegen Umfahrungsstrassen, beteuerte er. «Aber die Zeit läuft uns davon. Wären die 230 bis 270 Millionen Franken nicht besser einsetzbar?», sagte er zu den Kosten für die Umfahrung Düdingen und schlug stattdessen vor, die Dorfdurchfahrt aufzuwerten.
Voraussetzung für die Düdinger Umfahrung ist die Auflage der Verbindungsstrasse Birch–Luggiwil durch das Bundesamt für Strassen (Astra). «Das Astra hatte die Auflage für dieses Jahr geplant, doch nun wurde sie auf das zweite Trimester 2017 verschoben», überbrachte Kantonsingenieur André Magnin die brandaktuellen Neuigkeiten. Erst heute habe er die Nachricht des Astra erhalten, sagte er vor den rund 60 Anwesenden. Grund für die Verzögerung sei die Absicht des Bundes, sich neu an der Verkehrsentwicklung 2040 und nicht mehr an jener von 2030 zu orientieren. Die Eröffnung der Strasse sei somit nicht vor 2022 möglich.
Die Düdinger Behörden würden weiterhin hinter diesem Projekt stehen, sagte Ammann Kuno Philipona, der im Publikum sass und von Beat Hayoz auf das Thema angesprochen wurde. Ein betroffener Landbesitzer kritisierte, die Verbindungsstrasse bringe keinen Nutzen und verschwende wertvolles Landwirtschaftsland. Statt dieser Strasse solle besser in Frieseneit eine Autobahnausfahrt realisiert werden.
Schon zu lange gewartet
Auch die Umfahrung von Kerzers war ein Diskussionspunkt. SVP-Grossrat Ueli Johner aus Kerzers sagte, er müsste eigentlich glücklich sein, weil der Staatsrat entgegen seinen ursprünglichen Plänen nun auch für die Umfahrung von Kerzers eine Projektstudie in Auftrag geben werde. Der Kerzerser äusserte jedoch seinen Unmut darüber, dass alles so lange dauere; seit 30 Jahren beschäftige ihn diese Geschichte. Auch die Murtner SP-Grossrätin Bernadette Hänni kritisierte, dass die Umfahrung von Kerzers nicht erste Priorität hat. «Zumal drei Viertel der Strasse heute ja schon stehen», sagte Hänni und lobte gleichzeitig die Umfahrung von Murten. «Diese zu realisieren war ein sehr kluger Entscheid.»
Grégoire Cantin zeigte Verständnis für die Begehren aus Kerzers. Er erklärte die Prioritätensetzung mit der zu geringen Anzahl an Autofahrern, die im Vergleich zu anderen Orten diese Strasse nutzen. Gleich verhalte es sich mit Courgevaux und Courlevon, antwortete er auf die Frage der Murtner FDP-Grossrätin Christine Jakob, warum diese Orte im Gegensatz zu Courtepin nicht umfahren werden sollen. Jakob betonte zudem, dass unbedingt auch die Verkehrssituation in Salvenach verbessert werden müsste. Und FDP-Grossrätin Isabelle Portmann aus Tentlingen sagte, dass nicht nur der Stau in Düdingen, sondern auch jener in Tafers ein Problem sei. «Gibt es bei den Strassenprojekten eine langfristige Strategie des Kantons?», fragte sie den Kantonsingenieur.
60 Deutschfreiburger Projekte
André Magnin holte zur Verteidigung aus. Er betonte, dass der See- und der Sensebezirk ganz und gar nicht vernachlässigt würden, und unterlegte diese Aussage mit Zahlen. 27 Prozent des Kantonsstrassennetzes seien im See- und Sensebezirk zu finden, wo 25 Prozent der Kantonsbevölkerung wohnten. 2015 seien 56 Prozent aller Unterhaltsarbeiten auf Strassen des See- und Sensebezirks realisiert worden; 2016 waren es bisher gemäss Magnin knapp 30 Prozent. Er zählte diverse Ausbauprojekte auf wie zwei Kreisel in Tafers und die Sanierung der Strasse zwischen Tafers und Alterswil. Für diese sei kürzlich der Bauingenieurauftrag vergeben worden. «Acht Projektleiter führen beim Tiefbauamt 180 Projekte aus dem ganzen Kanton. 60 davon sind im See- und Sensebezirk zu finden.» Von einer stiefmütterlichen Behandlung könne also keine Rede sein. «Beide Bezirke profitieren von Unterhalts- und Ausbauarbeiten gleich viel, wenn nicht sogar mehr als andere Bezirke.»
Tiefbauamt: Hilferuf des Kantonsingenieurs nach mehr Deutschsprachigen
Auf die langen Wartezeiten bei Strassenbauprojekten angesprochen, lancierte Kantonsingenieur André Magnin am Mittwoch einen Hilferuf: «Uns fehlen Bauingenieure, die Deutsch beherrschen.» Jedes Mal, wenn eine Stelle ausgeschrieben sei, würden sich nur wenige Deutschsprachige melden. «Helfen Sie uns, diese Bauingenieure zu finden, die beim Tiefbauamt als Projektleiter arbeiten können», so Magnin. «Und helfen Sie somit, sich selbst zu helfen». Diese Erklärung reichte Grossrat Daniel Bürdel (CVP, Plaffeien) nicht: «Auch ein Französischsprachiger könnte doch ein Projekt vorwärtsbringen. Und sonst würde ich für eine externe Lösung plädieren.» Externe Lösungen seien nicht so einfach, entgegnete Magnin. Es bestehe das Risiko, dass nicht im Sinne des Kantons gehandelt würde.
«Auch ein Französischsprachiger könnte doch ein Projekt vorwärtsbringen.»
Daniel Bürdel: Grossrat und Gemeinderat
Autor: Karin Aebischer
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