Ist der Kanton Freiburg als Standort für wirtschaftlich betriebene Windkraftanlagen geeignet? Oder stellen diese bloss eine Verschandelung der Natur dar? Der Grosse Rat diskutierte gestern über Energie im Allgemeinen und den Schwyberg im Speziellen.
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Rund 700 Seiten umfasst der neue kantonale Richtplan, den der Staatsrat Ende Monat dem Bund zur Genehmigung vorlegen will. Der Grosse Rat nimmt dieses Planungsinstrument an der gestrigen und heutigen Sitzung zur Kenntnis. Obwohl die Grossrätinnen und Grossräte nicht über den Richtplan abstimmen können, sorgten einzelne Themen gestern für Diskussionen: allen voran die Visionen des Staatsrats für die Umsetzung der Energiestrategie 2050, im Speziellen der Windkraftstandort Schwyberg – das Thema, das auch in der von Markus Bapst (CVP, Düdingen) präsidierten Richtplan-Kommission am kontroversesten besprochen worden sei.
Windkraft ganz kippen?
Gestern ging es nicht nur um die Forderung von Emanuel Waeber (SVP, St. Antoni), die Windkraft ganz aus dem Richtplan zu kippen, da sie während der Vernehmlassung heftig kritisiert worden sei. «Die Schweiz ist einfach kein Land für Windkraft», betonte er. Besser sei es, auf andere Arten erneuerbarer Energie zu setzen. Etwa auf Fotovoltaik oder Geothermie, also Projekte, die eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Unterstützung erhielt Waeber von seinem Fraktionskollegen Stéphane Peiry (Freiburg). «Wir sagen nicht grundsätzlich Nein zur Windenergie», erklärte dieser. «Aber auf dem Gipfel des Schwyberg hat diese nichts zu suchen.» Die Umsetzung dieses Projekts hätte irreparable Eingriffe in die Natur zur Folge, und ausserdem sei nicht einmal die Rentabilität gesichert.
Aufruf zu mehr Mut
Dem widersprach Eric Collomb (CVP, Lully): Wie jedes Bauwerk aus Beton könne man auch die Sockel von Windrädern wieder entfernen. Er rief dazu auf, mutig zu sein, und erinnerte an den Staudamm Rossens, der aus Greyerz eine nationale Referenz in Sachen Energiegewinnung gemacht habe. Ähnlich tönte es von Betrand Gaillard (CVP, La Roche): Als vor 70 Jahren der Greyerzersee gestaut worden sei, habe man auch von einer Landschaftskatastrophe gesprochen. Heute sie dies kein Thema mehr. «Wir sollen nicht aus Angst alles ablehnen.»
Nur dort, wo es rentiert
«Wir sollten dort Windräder bauen, wo der Wind bläst, und jene Standorte aus dem Richtplan nehmen, wo ein Windpark nicht rentabel betrieben werden kann», sagte Antoinette de Weck (FDP, Freiburg), Mitglied der Vereinigung «Rettet den Schwyberg». Sie kritisierte, dass im Richtplan Windkraftstandorte aufgelistet sind, an denen es noch keine Messungen gegeben habe. Staatsrat Olivier Curty (CVP) antwortete ihr, dass sich die Kantonsregierung auch auf nationale Angaben gestützt habe.
Der Plaffeier CVP-Grossrat Daniel Bürdel verwies auf Studien, die zeigen, dass die Investitionen in Windanlagen nach kurzer Zeit wieder kompensiert werden können – auch die graue Energie, die beim Bau solcher Anlagen verwendet würde. «Es ist möglich, rentable Projekte zu realisieren», sagte er und wies darauf hin, dass ein Grossteil der Bevölkerung sich in einer Umfrage für Windkraft ausgesprochen habe.
«Auf dem Schwyberg hat es genug Wind», unterstrich auch Nicolas Bürgisser (FDP, Giffers). Es sei doch besser, erneuerbare Energien in der Region zu produzieren, statt Geld ins Ausland abfliessen zu lassen – selbst, wenn es etwas teurer sei. Unterstützung bekam Bürgisser von Hubert Dafflon (CVP, Grolley). «Wir können nicht für den Ausstieg aus der Atomenergie sein und dann Möglichkeiten der erneuerbaren Energie ablehnen», sagte er. Windparks gebe es überall auf der Welt, und oft seien sie gut in die Landschaft integriert. Ein Windkraftprojekt könne auch eine Chance für eine Region sein, ergänzte Fritz Glauser (FDP, Châtonnaye). Er plädierte dafür, den Projektblättern im Richtplan eine Chance zu geben.
Christa Mutter (Grüne, Freiburg) ging es mehr um die Solarenergie. «Dieses Kapitel ist im kantonalen Richtplan total unterschätzt», sagte sie. Das ökologisch sinnvolle Potenzial sei ein Mehrfaches des Wertes, der im Richtplan angedacht sei.
«Sternstunde des Disputs»
Auf elegante Weise nahm Staatsrat Olivier Curty am Ende der Diskussion die widersprüchlichen Voten entgegen: Es sei eine «Sternstunde des politischen Disputs», wenn sich alle dafür einsetzten, die kantonale Energiestrategie gemeinsam zu verfeinern. Er wies darauf hin, dass viele Punkte im kantonalen Richtplan nicht allein vom Staatsrat stammen, sondern Vorgaben des Bundes entsprechen. «Wir sehen in diesem Dossier eine Reihe von Möglichkeiten für erneuerbare Energie vor», so Curty. «Wir werden prüfen, was besser funktioniert und prioritär behandelt werden sollte.» Jetzt sei man erst auf der strategischen Ebene. Bis zur Umsetzung konkreter Projekte sei noch ein langer Weg.
KANTONALER RICHTPLAN
Grundsätzlich positive Rückmeldungen
«Der kantonale Richtplan zeigt das Gesicht des Kantons bis 2050», sagte Baudirektor Jean-François Steiert (SP) gestern am Anfang der Debatte über dieses Planungsinstrument. Von allen Fraktionen kam grundsätzlich ein positives Signal zum umfangreichen Dossier sowie ein Lob für die grosse Arbeit. Einige bedauerten, nicht mehr direkt Einfluss nehmen zu können.
Die Parlamentarier diskutieren den Richtplan kapitelweise, angefangen mit der Entwicklung des Siedlungsgebiets. Grossrat Cédric Péclard (La Broye c’est vous, Aumont) bemängelte, dass die Landgebiete, die «DNA unseres Kantons», in Bezug auf Bauzonen zu kurz kommen würden und dass ihnen Steuereinnahmen fehlten, wenn keine bauliche Entwicklung mehr möglich sei. Bruno Boschung (CVP, Wünnewil) entgegnete, dass dies nicht nur negativ sein müsse. «Es kann auch eine Chance für ein Dorf sein, weil es wohlhabende Leute anzieht», sagte er. Das Problem bei Industrie- und Gewerbezonen bestehe darin, dass sie vielfach an einem Standort seien, an dem sie niemand brauchen könne, bemerkte Markus Bapst (CVP, Düdingen). Dort, wo man die Arbeitszonen wünsche, seien sie nicht verfügbar oder nicht erschlossen. Es werde eine Herausforderung sein, dies auszugleichen. Eric Collomb (CVP, Lully) stellte die Frage, ob es so viele strategische Zonen von kantonaler Bedeutung überhaupt brauche. Auch bei den Umfahrungsstrassen, die in den letzten Jahren diskutiert worden seien, sei heute unklar, welche davon am Ende auch wirklich realisiert würden
Vielleicht könnten diese Strassen gar nicht gebaut werden, mutmasste Christian Ducotterd (CVP, Grolley). Dies, weil zu wenig Land für die Fruchtfolgeflächen reserviert worden sei.
Autor: Imelda Ruffieux
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