Die Bürg­er von Plaf­feien haben 1,9 Mil­lio­nen Franken für eine neue Grund­wasser­fas­sung genehmigt. Sie haben auch zuges­timmt, die Alp Kaiseregg im Bau­recht zu erwer­ben. Diskus­sio­nen gab es über den Antrag, die Geschichte der Verd­ingkinder aufzuarbeiten.

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Die 109 Bürg­erin­nen und Bürg­er der bald seit zwei Jahren fusion­ierten Gemeinde Plaf­feien haben am Fre­itag an der Gemein­de­v­er­samm­lung alle Anträge des Gemein­der­ates genehmigt. Das Bud­get 2019 schliesst bei einem Aufwand und einem Ertrag von 21,46 Mil­lio­nen Franken mit einem Ertragsüber­schuss von 3000 Franken. Das Plus sei nur dank ein­er Spar­runde möglich gewe­sen, sagte Gemein­der­at Daniel Bürdel. Noch im Vor­jahr kon­nte Plaf­feien über den Fusion­szuschuss des Kan­tons von 763 000 Franken verfügen.

Vor eini­gen Monat­en hat­te der Gemein­der­at angesichts des guten Abschlusses 2017 die Prü­fung ein­er Steuersenkung angekündigt. Von der Umset­zung dieser Idee sei der Gemein­der­at abgekom­men, da zu viele finanzielle Her­aus­forderun­gen auf die Gemeinde warteten, führte er aus. Bei den Investi­tio­nen sieht die Gemeinde 2019 Aus­gaben von 7,8 Mil­lio­nen Franken vor. Der Finanz­plan bis 2023 zeigt, dass Plaf­feien 32 Mil­lio­nen Franken investieren will, was die Net­tover­schul­dung um 20 Mil­lio­nen auf 23,5 Mil­lio­nen ansteigen liesse. Vorge­se­hen sind unter anderem ein neuer Werk­hof und über zehn Mil­lio­nen für die Wasserversorgung.

Erfolg bei Probebohrungen

Einen Teil dieses Betrags investiert die Gemeinde in eine neue Grund­wasser­fas­sung. Seit län­gerem sucht Plaf­feien nach Lösun­gen, um zu mehr Trinkwass­er zu kom­men (die FN berichteten). Probe­bohrun­gen in der Fuhra haben nun Erfolg gezeigt: Unter dem Dorf liegt in 60 bis 84 Metern Tiefe Grund­wass­er, das sich als Trinkwass­er eignet. Bis zu 1200 Minuten­liter kön­nten gefördert wer­den. Das Pump­w­erk und neue Leitun­gen kosten rund 1,9 Mil­lio­nen Franken. Für Plaf­feien ist der Bedarf an Trinkwass­er damit einiger­massen gedeckt, für Schwarzsee sucht die Gemeinde gemäss Gemein­der­at Fritz Zbinden weit­er nach Möglichkeit­en, zu Wass­er zu kommen.

Bau­recht für Alp Kaiseregg

Die Gemeinde übern­immt die Alp Kaiseregg von der Schweiz­er Armee im Bau­recht für 30 Jahre. Die Armee-Organ­i­sa­tion Arma­su­isse Immo­bilien hat Jahre lang gel­tende Pachtvere­in­barun­gen für mehrere Alpen im Schwarzseege­bi­et gekündigt. Sie hat­te der Gemeinde das Vor­recht gewährt, die Alpen zu pacht­en und sie an lokale Alphirten weit­erzu­pacht­en. Neu will die Arma­su­isse Immo­bilien Pachtverträge direkt mit den Hirten abschliessen. Wie Syn­dic Otto Lötsch­er aus­führte, kon­nte die Gemeinde aber erre­ichen, dass lokale Land­wirte auch kün­ftig Vor­rang haben. Einzig für die Alp Kaiseregg gilt eine andere Regelung, da die Armee keinen Bedarf mehr an der Alp als Schiess­platz hat. Sie bot sie der Gemeinde für eine langfristige Nutzung an. Für den Gemein­der­at war vor allem die touris­tis­che Bedeu­tung des Gebi­ets ein Argu­ment, auf den Deal einzuge­hen. «Wir woll­ten das Bau­recht, um mitzubes­tim­men, wie es an unserem Haus­berg weit­erge­ht», sagte Lötsch­er. Die Gemeinde zahlt max­i­mal 90 000 Franken für die Über­nahme des 2,3 Mil­lio­nen Quadrat­meter grossen Gebi­ets inklu­sive Gebäude. Dazu kom­men Ver­schrei­bungskosten, der Jahres­pachtzins von 1000 Franken und der Unter­halt. Abzüglich der Pachtein­nah­men zahlt die Gemeinde unter dem Strich jährlich knapp 1000 Franken drauf.

Die weit­eren Geschäfte – wie Kom­pe­ten­z­erteilun­gen an den Gemein­der­at sowie zwei Regle­mente – ver­liefen rei­bungs­los. Die Ver­samm­lung ehrte zum Schluss die Malerin Daniela Ziller, die an der Beruf­ss­chweiz­er­meis­ter­schaft in Bern eine Goldmedaille geholt hat­te (die FN berichteten).

VERDINGKINDER
Dun­kles Kapi­tel der Geschichte wird nicht aktiv aufgearbeitet

Die Gemeinde Plaf­feien soll eine his­torische Aufar­beitung von für­sorg­erischen Zwangs­mass­nah­men und Fremd­platzierun­gen auf Gemein­dege­bi­et an die Hand nehmen. Das beantragte Bürg­er Moritz Boschung an der Gemein­de­v­er­samm­lung vom Fre­itag. Kirche, Staat und Gemein­den hät­ten damals bei soge­nan­nten Verd­ingkindern für viel Leid gesorgt und müssten nun die Ver­ant­wor­tung dafür übernehmen. «Betrof­fene müssen einen Lei­densweg auf sich nehmen, um zu Infor­ma­tio­nen zu kom­men, das sollte nicht sein», führte er aus. Es geht nicht darum, Schuldige zu find­en, es gehe auch nicht um eine finanzielle Entschädi­gung für das erlit­tene Leid. «Es geht darum, aus unser­er Geschichte zu ler­nen. Das sollte es uns wert sein.» Sein Antrag sorgte für eine län­gere Diskus­sion. Syn­dic Otto Lötsch­er ver­sicherte, dass die Gemeinde offen sei für die Anliegen aller Opfer, die auf der Suche nach Akten über ihre oder die Geschichte ihrer Fam­i­lien seien, sei das direkt oder über die vom Kan­ton bes­timmten Anlauf­stellen. Doch über­steige es die Kapaz­itäten der Gemeinde, selb­st aktiv zu wer­den, um dieses Kapi­tel der Geschichte generell aufzuar­beit­en. Er beantragte deshalb, den Antrag abzulehnen. Dem stimmte eine Mehrheit von 87 Ja zu 11 Nein zu. Ein Antrag auf geheime Abstim­mung war zuvor deut­lich abgelehnt worden.

Autor: Imel­da Ruffieux

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