Das Aktienkapital der Bluefactory Fribourg-Freiburg AG wird aufgestockt, sodass die Gesellschaft neue Gebäude bauen und gewinnbringend vermieten kann. Der Grosse Rat stimmte dem Schritt zu, hatte aber auch kritische Fragen.
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25 Millionen Franken, davon 20 Millionen als Nettoausgabe und 5 Millionen aus der Umwandlung eines Darlehens: Der Grosse Rat genehmigte am Freitag eine Verdoppelung seines Aktienanteils an der Bluefactory Fribourg-Freiburg AG mit 71 gegen 24 Stimmen klar. Dieser Entscheid wird aber nur validiert, wenn der Freiburger Generalrat am 22. Februar den gleichen Schritt macht. Damit würde sich das Aktienkapital der Betreibergesellschaft des Innovationsquartiers von 50 auf 100 Millionen Franken erhöhen, hälftig aufgeteilt auf die Stadt und den Kanton.
«Es ist ein wichtiger Schritt, um die Entwicklung der Blue Factory weiterzuführen», sagte Eric Collomb (CVP, Lully), Sprecher der Ratskommission. «Es gilt, jetzt Investitionen zu tätigen, um dann einen «return on investment» zu erhalten.» Er betonte, dass in der Kommission Zweifel bezüglich der Weiterentwicklung der Bluefactory bestanden hätten. Es habe eine Kluft geherrscht zwischen den kulturellen und sozialen Erwartungen und den wirtschaftlichen Hoffnungen an das Quartier. «Schliesslich glaubte aber die Mehrheit der Kommission an die Zukunft der Bluefactory.»
Forderung nach Verkauf
Wie bei der ordentlichen Kommission gab es auch in der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission zwei Gegenstimmen gegen die Kapitalerhöhung. «Es kam sogar die Forderung auf, den kantonalen Anteil zu verkaufen», sagte Kommissionspräsident Claude Brodard (FDP, Le Mouret). «Eine Loslösung ist aber nicht wünschenswert, und deshalb braucht es weitere Investitionen.» Mit dieser Erhöhung des Aktienkapitals soll die Gesellschaft die ersten beiden Entwicklungsphasen bestreiten können. Zur ersten Phase gehört laut Botschaft des Staatsrats der Bau des ersten Geschäftsgebäudes. Die Arbeiten dazu sollen im ersten Halbjahr 2021 aufgenommen werden. Und auch die Arbeiten am Experimentiergebäude des Smart Living Lab sind Teil dieser Phase.
«Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Partnern und brauchen ein starkes Innovationszentrum», sagte Volkswirtschaftsdirektor Olivier Curty (CVP). Er bezeichnete die Entwicklung als positiv. Bisher sei es noch gar nicht möglich gewesen, etwas Neues zu bauen, und trotzdem sei der Umsatz ab 2015 von 433000 auf über zwei Millionen Franken angestiegen. Derzeit biete das Quartier 340 Arbeitsplätze in 55 Firmen an. «Wir sind ausgebucht», so Curty. «Es gibt weitere Mietgesuche und eine Warteliste. Wir müssen Interessenten auf andere Standorte verweisen.»
«Kein Risiko»
Laut Curty werde der Wert des Geländes heute auf 63 Millionen Franken geschätzt und solle gemäss Daniel Bürdel (CVP, Plaffeien) in zehn Jahren 300 Millionen Franken erreichen. Die Aktienkapitalerhöhung stellt für Curty kein finanzielles Risiko dar. Zudem betonte er, dass mit den Investitionen wieder Geld in die lokale Wirtschaft fliesse. «Es ist ein Wiederankurbelungsplan light», sagte er.
Kritik an der Entwicklung der Blue Factory wurde in der Ratsdebatte aber sowohl aus dem linken als auch aus dem bürgerlichen Lager laut. Elias Moussa (SP, Freiburg) bezog sich auf Aussagen des Verwaltungsratspräsidenten, wonach die Blue Factory mit diesem nächsten Schritt rentabel werden würde. «Das entspricht aber nicht dem Wunsch der Bevölkerung», so Moussa. Er befürchtete, dass die Betreibergesellschaft sich nur von merkantilen Interessen leiten lasse. Stattdessen sehe die Charta zur Blue Factory ein lebendiges Quartier mit kulturellen Aktivitäten, sozialen Wohnformen und einem Nachhaltigkeitskonzept vor. «Es bleiben viele Fragen offen», betonte André Schneuwly. «Wird die Kultur genügend unterstützt oder steht Gewinnmaximierung an oberster Stelle? Der Verwaltungsrat muss sich erklären.»
Charta als Bremse?
Nicolas Kolly (SVP, Essert) zeigte sich hingegen enttäuscht über die bisherige Entwicklung. Er sprach von «industriellem Ödland», Verhältnissen wie in der Berner Reitschule und von einem weiten Weg bis zur Rentabilität. Er verlangte deshalb einen Rückzug des Geschäfts, bis in der Charta neue Ziele aufgelistet und nicht rentable Projekte gestrichen würden. Kolly schlug auch eine Auflösung der Betreibergesellschaft und einen Alleingang des Kantons vor. Romain Collaud (FDP, Massonnens) unterstützte ihn: «Die Charta ist eine Bremse. Heute haben wir eher eine Red Factory als eine Blue Factory.»
«Ich versichere, es wird keine klassische Immobilienregie geben, die Charta muss respektiert werden», meinte Olivier Curty. Er verstehe weder die Zweifel noch den Wunsch nach einem Verkauf. «Ich werde bis zum Schluss für die Blue Factory kämpfen.»
Autor: Urs Haenni
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